Mass Customization (= das Design individueller Produkte) ist ohne Zweifel eines DER Zukunftsthemen im E-Commerce: Irgendwann soll jeder Kunde sein maßgeschneidertes Wunschprodukt bestellen können.
Auf Einladung von Frank Piller (Professor an der TU München und aktuell als Forscher am MIT in Boston) traf sich am Mittwoch in München das Who is Who der deutschen Mass Customization Szene zu einem ganztägigen Erfahrungsaustausch. Wie es der Zufall so will, werden alleine vier der teilnehmenden Firmen in der aktuellen Brand eins Ausgabe gefeatured (Artikel noch nicht online).
Es ist extrem spannend, den Experten zu lauschen. Bekannte Unternehmen wie Adidas, BMW und Webasto setzen ebenso auf MC-Konzepte wie Selve, Individual-CD, EOS oder Clicktofit, allesamt Unternehmen, die zunächst nur Insidern etwas sagen.
Beeindruckend ist, wie facettenreich das Thema ist. Es reicht von Rapid Prototyping Lösungen für die Industrie über maßgefertigte Kniegelenke bis hin zu individuell entworfenen Schuhen, Shirts, Uhren oder Snowboards.
Wer sich ein Bild von Mass Customization (MC) machen will, dem seien die Online-Seiten von Frank Piller ans Herz gelegt. Dort kann man sich intensivst über das ganze Spektrum Mass Customization, Open Innovation und Customer Co-Creation informieren.
Händlern sei vor allem sein jüngster Forschungsbericht über die US-Shirthändler Threadless sowie den japanischen Alltagsdesign-Händler Muji empfohlen. In Collective Customer Commitment: Turning Market Research Into Sales (PDF) untersucht er u.a., wie sich mit Community-Hilfe die Absatzzahlen besser prognostizieren lassen.
Obwohl schon einige Hersteller, aber auch (Online-)Händler (wie PersonalNovel, Spreadshirt, etc.) mit MC-Konzepten erfolgreich sind, fragt man sich, warum Mass Customization den großen Durchbruch bisher noch nicht geschafft hat?
- Ein Hemmschuh ist sicherlich die komplexe Technik und die erheblichen Anpassungen in den Unternehmensabläufen, die vor allem etablierte Firmen davor zurückschrecken lässt, ihren Kunden individuelle Angebote zu machen.
- Zum anderen sind viele MC-Lösungen wohl noch nicht kundentauglich genug. Interessant ist zum Beispiel, dass es bisher noch kaum allgemeine Untersuchungen zur Kundenakzeptanz gibt. Oft wird MC als reines Technikthema betrachtet und vor allem aus Unternehmens- oder Produktsicht diskutiert.
Bemerkenswert sind deshalb die vergleichenden Kundenstudien der TU-Wissenschaftlerin Melanie Müller, die zeigen, dass Kunden zwar grundsätzlich eine Einbindung in den Designprozess schätzen, der generelle Shoppingspaß bei MC-Lösungen allerdings eher leidet. Und zwar gerade bei den Kunden, die leidenschaftlich gerne shoppen *).
Man könnte es auch andersherum sagen: Die (Produkt-)Konfiguratoren (Was für ein Wort!) sind die eigentlichen Spaßbremsen und noch stark optimierungsbedürftig. Manchmal hat man den Eindruck, als ob ein Anbieter hier vor allem mit der Fülle der Möglichkeiten protzen will statt dem Kunden den einfachen Weg zum individuellen Produkt zu zeigen.
Generell trifft das Thema MC aber einen Nerv, weil es auch im E-Commerce ermöglicht, was in anderen Internetbereichen ohnehin im Kommen ist: die intensive Einbindung der Nutzer, User Generated Content (in diesem Fall: Products), Kunden als Ideengeber und Mitgestalter, etc.
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*) Im Umkehrschluß gilt natürlich auch, dass vor allem Gelegenheitsshopper Gefallen an bestehenden MC-Lösungen finden.
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