Unterm Strich war 2005 ein weiteres unspektakuläres, um nicht zu sagen höchst peinliches Jahr für den E-Commerce. Allerorten flickrte und flackerte es. Nur der Online-Handel hielt am gewohnten Trott fest. Keine Experimente, bitte!
Zwar ist der E-Commerce ein Hauptumsatztreiber des Internet. Doch in den bekannten Web 2.0 Listen (hier und hier) taucht kein einziges, neues E-Commerce-Tool auf. KEIN EINZIGES! Und peinlicher noch: Es gibt noch nicht einmal eine eigene Rubrik dafür.
Aus nachvollziehbaren Gründen führt der Online-Handel gerade ein technologisches Schattendasein. Wo Marketing (und, Google seis gedankt, inzwischen sogar Direktmarketing) die Augen glänzen lassen, ruft schnöder E-Commerce immer noch nur ein müdes Lächeln hervor.
Allerdings ist es kein Wunder, wenn im E-Commerce so vergleichsweise wenig vorangeht: Die etablierten Händler sind noch auf dem Multi-Channel-Trip. Sie sind schon froh, wenn sie ihre bestehenden, zunehmend komplexer werdenden Prozesse in den Griff bekommen. Außerdem ticken sie linear: strukturierte Prozesse; eins nach dem anderen. Ein wuseliges Web 2.0 wäre ihr absoluter Alptraum. Ihre Devise: "Augen zu - und hoffen, dass dieser Kelch an uns vorüber geht!"
Wenn der etablierte Handel ausfällt, wo sind dann die Innovationstreiber im E-Commerce? Wer 2005 genauer hinsah, konnte schon erkennen, woher der Wind weht. Zu den Hoffnungsträgern zählen Internetportale und Plattformbetreiber, allen voran Yahoo! und Ebay.
- Yahoo! hat aus unserer Sicht mit der Shoposphere das E-Commerce-Wort des Jahres geschaffen: ("Soziale") Shoppingnetzwerke haben durch ihre eingebaute Marketingkomponente (Empfehlungslisten, etc.) enorme Vorteile gegenüber klassischen Shoppingplattformen.
- Ebay hat sich mit Skype, Shopping.com und Kijiji/Craigslist soweit verstärkt, dass wir in Kürze ein Ebay on Speed erwarten. Der E-Commerce wird noch weitaus abwechslungsreicher und schneller; der Abstand zwischen "Skybay" und den klassischen (Multi-Channel)-Anbietern vergößert sich weiter.
- Das brandneue Etsy erlaubte schon 2005 einen Blick in die Shoppingzukunft: Handgemachtes attraktiv dargeboten. Eine Fülle innovativer Interaktionsmöglichkeiten und Tausende neuer Händler. Das letzte Shoppingportal, das soviel Spaß gemacht hat, war Ebay. (s. auch die Etsy-Einschätzung beim Fischmarkt)
Neben den Plattformen und Portalen zählen die vielen kleinen, unabhängigen Händler zu den Hoffnungsträgern.
- Interessanterweise findet die E-Commerce-Revolution im Fernsehen statt. Die QVC-Verkaufsmaschine läuft wie geschmiert und hängt im Milliardenmarkt Teleshopping alle ab. Und 1-2-3.tv hat schon im ersten Jahr gezeigt, dass interaktives Fernsehen längst Realität ist.
- Die Zahl der Shoppingsender hat sich in den letzten sechs Monaten verdoppelt, die vielen anderen Aktions-Kanäle (Call-In-, Reise-, Dating- und Spiele-Sender) noch nicht eingerechnet.
- Und Woot! oder Bamba! zeigen, dass schnelle, aktive Verkaufskonzepte in bewährter Teleshopping-Manier auch im Internet möglich sind. Es braucht nur ein paar mutige Händler, die diesen Weg weitergehen. Neulich kam jemand mit der Suchanfrage "deutsches Woot" auf diese Seite - Fehlanzeige!
In der Bloggerszene (in den USA und Frankreich) herrscht die Experimentierfreude, die man sich im etablierten Handel wünschen würde. Und weil klassische Werbung bei den Bloggern so miserabel ankommt, wird schon aus der Not heraus von dort das ein oder andere innovative Verkaufskonzept kommen. La Fraise ist vielleicht nicht das beste, aber doch EIN Beispiel, wohin die Reise gehen könnte: der exklusive Shop zum Blog. Der Spreeblick hat die Fährte bereits aufgenommen.
Zugegeben: 2005 musste man die Innovationen im E-Commerce noch mit der Lupe suchen und das ein oder andere Mal eine gehörige Portion Phantasie aufbringen, um sich eine Zukunft jenseits des althergebrachten Shop- und Katalog-Einerleis vorzustellen. Das wird in diesem Jahr hoffentlich schon anders.
Wir setzen für 2006 auf folgende, spannende Dreier-Kombination aus Community-, Aktions- und Design-Komponenten:
- Social Shopping: Handeln und Verkaufen innerhalb der Community
- Individuelles Design: Exklusive Produkte für jeden Geschmack
- Live-Shopping: Schnelle Verkaufsaktionen, Schlag auf Schlag
Es gibt bereits interessante Beispiele, die jeweils zwei dieser Elemente kombinieren (wie Ebay, Woot! oder Spreadshirt). Noch ist uns allerdings kein Online-Händler bekannt, der alle drei Elemente vereint.
[Notiz am Rande: Wir haben mal versucht, alle drei Komponenten (Community + Design + Live-Aktionen) in einen griffigen Slogan zu überführen. Herausgekommen ist unser Vorschlag für das ultimative E-Commerce-Motto 2006: "Let´s make it happen!" (gerne auch aus Kundensicht gesprochen ;-)]
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