Michael Arrington von Techcrunch hatte wohl den richtigen Riecher, als er das Jahr gleich mit mehreren spannenden Beiträgen zum Thema Kleinanzeigendienste startete (s. "Three New Classifieds Companies", Microsofts "Expo") und das Thema dadurch auf die allgemeine Agenda setzte. Nicht ganz uneigennützig, wie seit kurzem klar ist, aber zurecht.
Inzwischen wissen wir mehr. Alleine die Ankündigungen der letzten Wochen zeigen, dass alle wichtigen Internet-Unternehmen an neuen Formaten in diesem Bereich arbeiten:
- Amazon plant einen eigenen Kleinanzeigendienst nach dem Google Vorbild
- Google hat Ende letzten Jahres nicht nur die "Google Base" gestartet, sondern inzwischen auch als ersten Mehrwertdienst den Google Video Store eröffnet
- Microsoft wird Mitte des Jahres seine Expo-Plattform für die Windows Live Umgebung vorstellen
Online Classifieds - The Future of E-Commerce
Business 2.0 brachte Ende Januar einen bemerkenswerten Artikel, wie die großen Unternehmen eBay auskontern wollen, nämlich mit Kleinanzeigen:
"Online classifieds--the format that many analysts think will define the future of e-commerce." Begründung: "People prefer to buy locally, but there hasn't been an efficient way for them to find each other."
Auch die britische Sunday Times erläutert, warum Kleinanzeigenmärkte zur Konkurrenz für Ebay und andere Shoppingplattformen werden:
“Those big customers reach a point where they are not growing their business on Ebay anymore,” said Wingo. They are looking for other places to reach customers, and Google, Microsoft et al are hoping to provide it."
Das große Geschäft mit den kleinen Anzeigen ist so facettenreich wie kaum ein anderes Online-Thema. Die spannendsten Entwicklungen finden allerdings im wesentlichen in drei Kernbereichen statt:
- Contentsensitive Kleinanzeigenvermarktung
Google hat mit seinem Adsense-Modell Zeitungsverlagen und Werbeindustrie gleichermaßen gezeigt, wie Kleinanzeigen auch online zur Goldgrube werden können. Nun bekommen Google und Yahoo! Konkurrenz von Amazon, Ebay, etc. Dieses Modell hat sich als Standardmodell zur Finanzierung großer Online-Plattformen entwickelt. Man ahnt es allerdings schon: Wenn auch die letzten auf einen Zug aufspringen wollen, dann ist das Thema so gut wie durch.
- Kleinanzeigen- und Rubrikenmärkte
Die zum Teil kostenlosen Märkte machen den Anzeigenfriedhöfen der Tageszeitungen schwer zu schaffen. Wer beobachtet, wie Ebay seit einem Jahr generalstabsmäßig sein Kijiji in den Markt drückt, kann hautnah mitverfolgen, wie man eine neue Plattform etabliert, sich vor allem aber schon mal ansehen, welche Features eine Shoppingplattform künftig mindestens bieten müssen. Kijiji ist in beiden Bereichen (Technik und Vermarktung) ein wunderbares Anschauungsobjekt. Aber derzeit kann sich wohl nur Ebay leisten, mit bis zu 70 Cent Provision für jede geschaltete Anzeige werben zu lassen.
- Neue Mehrwertdienste
Einer der spannendsten Bereiche sind sicherlich die Spezialdienste, mit denen in diesem Jahr verstärkt zu rechnen ist. Sie können dazu beitragen, das Potenzial, das in den Datenbanken schlummert, zu heben, indem sie auf den bestehenden Plattformen (z.B. Google Base) aufsetzen und maßgeschneiderte Mehrwertlösungen (s. Google Video Store) bieten, für die die Nutzer dann auch gerne bereit sind zu zahlen. Spätestens in diesem Jahr dürfte sich zeigen, dass der contentsensitive Ansatz von Google nur eine von vielen Varianten ist, mit denen sich auch im Kleinanzeigengeschäft gutes Geld verdienen lässt.
Das Thema Kleinanzeigen ist auch deshalb so spannend, weil die Einstiegsschwelle relativ niedrig ist. Einen Anzeigendienst kann im Prinzip jeder starten. So können auch kleine, innovative Unternehmen (siehe zum Beispiel "Three New Classifieds Companies" bei Techcrunch) sehr schnell zeigen, wie man das Thema neu und anders angehen kann, vor allem aber, wie man neue Konzepte (Tagging, RSS-Feeds, etc.) auch für die Kleinanzeigensuche bzw. Vermarktung einsetzen kann.
Doch nicht nur wegen der technischen Spielereien sollte sich jeder Online-Händler mit diesem Thema befassen, sondern vor allem wegen der zum Teil wegweisenden, neuen Verkaufskonzepte, die hier entstehen.
Warum Kleinanzeigendienste Web 2.0 relevant sind
Einer der Hauptgründe schließlich, warum Kleinanzeigenkonzepten die Zukunft gehört, ist ihre hohe Relevanz für das Web 2.0. Sie stützen sich auf drei wesentliche Säulen des Web 2.0: enge Vernetzung, direkte Kommunikation und nutzergenerierter Content.
Kleinanzeigenmärkte spiegeln also auf der Produktebene das wider, was das Web 2.0 als neuartiges Informations- und Kommunikationskonstrukt so reizvoll macht. Oder anders gesagt: Schauen Sie sich neuartige Informationsdienste (wie del.icio.us, etc.) an. Und stellen Sie sich dann vor, dass del.icio.us statt der Infolinks Produktlinks (zum Beispiel in Form von Kleinanzeigen) verwalten würde - live und in Farbe ;-)
Es ist wohl kein so großer Zufall, dass del.icio.us seit Dezember zur Yahoo!-Familie gehört - dasselbe Yahoo!, das im November mit der Yahoo!-Shoposphere für Furore gesorgt hat und mit Flickr bzw. Yahoo! Photo zwei der populärsten Fotodienste betreibt.
Weil dieser Beitrag das Thema nur grob umreißen kann, stellen wir einige der neuen Ansätze in Kürze an konkreten Beispielen vor. Dann wird vielleicht noch ein bisschen deutlicher, was die Faszination von Kleinanzeigen (im Vergleich zu herkömmlichen Shoppingkonzepten) ausmacht.
Kommentare
Abonnieren Sie den Kommentar-Feed dieses Eintrags, um der Konversation zu folgen.