Wohl kein anderer Händler hierzulande nimmt das Web 2.0 so ernst wie
Spreadshirt und richtet seine Strategie komplett darauf aus.
Obwohl gerade in einem entscheidenden Transformationsprozess mit vielen internen Abstimmungen und Diskussionen nahm sich Andreas Milles, seit Oktober der "Brand Evangelist" des Hauses, Zeit, um einige unserer drängendsten Fragen zu beantworten.
Wir wollten wissen, wie die Spreadshirt-Strategie aussieht, was für
eine Philosophie dahintersteckt und warum es jetzt auch für andere
Händler höchste Zeit wird, sich mit dem Web 2.0 zu befassen.
Wie sieht die Web 2.0 Strategie von Spreadshirt aus? (Bzw. vorneweg vielleicht: Was versteht Ihr unter dem Web 2.0?)
"Web2.0 bedeutet für mich einen weiteren Schritt in Richtung "Humanisierung" .. Glaubwürdigkeit, Nähe, iDentity und so weiter.
"Cluetrain hardly has left the station", hat Doc Searls letztes Jahr bei einem Vortrag mal auf eine Folie geschrieben, und ich denke bei allem web2.0 Gebuzze geht es mehr in die Richtung, wie ursprünglich eigentlich mal das "Web1.0" gedacht war .. Persönlich, direkt, demokratisch.
Ich mag vor allem die Grafik von Richard Giles
Warum das wichtig für Spreadshirt ist: die digitalen Produktionsmittel werden einfacher und demokratisiert. Der Empfänger wird zum "Beiträger" (nicht nur Leser wird zum Autor), und mit der "Demokratisierung" geht eine "creative class" hervor, die im Netz das macht, was die Generationen vor uns offline betrieben hat: Selbstverwirklichung, aus Do it Yourself wird Design It Yourself, aus dem Schrebergarten Photoshop und aus der Werkzeugkiste die Illustrator Toolbox.
Und plötzlich gibt es sowas wie Etsy, eine wahre Fundgrube.
Wie wollt Ihr das bei Spreadshirt angehen?
Bei Spreadshirt fokussieren wir uns in Zukunft künftig (noch/wieder) stärker auf die Shoppartner - und auf die "Contributors": Eine Zielgruppe, die keinen eigenen Spreadshop betreiben will und muss, sondern eigentlich an einer anderen Art der Selbstdarstellung interessiert ist.
Die Grenzen vom Shopbetreiber zum Contributor sind fließend und wir haben eine Reihe von Maßnahmen geschaffen und geplant: Wir beziehen die Partner in Zukunft stärker in Entscheidungen mit ein, sei es bei Fragen nach dem Sortiment, Drucktechniken, wie du weisst sogar bei der Erarbeitung eines neuen Logos.
Die Contributor bedienen wir in Zukunft regelmäßig, z.B. mit Projekten wie das OLP oder das Derby.
[-> Anmerkung: Und auch wenn das jetzt wieder stark nach "Startup" klingt, aber wir leben das Prinzip auch. Wir haben zum Beispiel ein Intranet aufgesetzt mit tollen Funktionen wie man das so kennt von Unternehmen. Und irgendwann haben wir gemerkt, dass unser eigentliches Intranet in Wahrheit das "Spreadwiki" ist, in dem alle Mitarbeiter gleichermaßen diskutieren und mitmachen ... Mittlerweile ist das "normale" Intranet halt noch das Adressbuch und Zugang zum Wiki ...]
Warum befasst sich Spreadshirt heute schon mit dem Web 2.0?
Naja .. heute schon? Ich glaube, da sind wir vielleicht eher insgesamt etwas hinterher in Deutschland.
Jedenfalls: Weil es zum einen schon allein technisch gesehen relevant für jedes eCommerce Unternehmen ist, und die Usability und letztlich auch die Konversion erhöhen wird. Und, siehe oben, eben auch ein sehr Unternehmens-nahes Thema für uns ist: Wir bedienen eine Zielgruppe, die sehr "tech-savvy" ist.
Und wir glauben daran, dass in Zukunft das Internet noch wichtiger für die Wirtschaft, aber auch die Gesellschaft wird.
Wir verfolgen ja alle seit geraumer Zeit, wie eigene Nischen, "Lebensräume" im Internet entstehen, kleine Habbo Hotels, Second Lifes, flickrs, Etsys.
Welche Rolle spielt die internationale Expansion im Rahmen Eurer Web 2.0 Strategie?
Internationalisierung ist ein wesentlicher Bestandteil und sehr wichtig für uns, um lokale Interessen besser bedienen zu können und weiter zu wachsen.
Gleichzeitig nutzen wir eine echte "Beta"-Gelegenheit, indem wir sehr effizient ein laufendes Trial and Error Prinzip etabliert haben und auf verschiedenen Märkten anwenden.
Was sich bewährt, wird übernommen und ausgebaut. Und wieder: It´s not a feature, it´s a philosophy. ;)
Warum glaubt Ihr, dass sich Unternehmen, Händler im Speziellen, jetzt schon mit dem Web 2.0 befassen sollten? (Oder anders gefragt: Braucht ein typischer Shopbetreiber überhaupt eine Web 2.0 Strategie?)
Es gibt sicher Händler, die das nicht benötigen. Entscheidend ist immer die Strategie und Ausrichtung eines Unternehmens.
Aber die Frage erinnert mich ein wenig an die Frage vor 10 Jahren: Brauchen wir einen Webauftritt? Ein paar haben sich dann entschieden, eine "Visitenkarte" im Internet zu hinterlegen und sind gut damit gefahren. Aber groß geworden sind halt die anderen.
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