"Trends to Watch: Vom E-Commerce zum Social Commerce?", lautet das Thema eines Panels bei den Medientagen München am 19. Oktober. Bis auf eine große Ausnahme finden sich dort alle Protagonisten des Internet World Business Artikels vom März dieses Jahres wieder. Den Einführungsvortrag hält Ebay-Chef Stefan Groß-Selbeck.
Es ist kaum fünf Monate her, dass die IWB mit dem Thema "Social Commerce / E-Commerce im Web 2.0" für Schlagzeilen sorgte. Und der Sinneswandel, der sich inzwischen vollzogen hat, ist immens. Wir erinnern uns: Das Thema stieß im März noch eher auf Unverständnis und rief zum Teil große Skepsis hervor (Stichwort: "Feuilleton-Commerce").
Inzwischen kann davon keine Rede mehr sein. Amazon ist vollkommen webzweinullifiziert; von Blogs über Tags bis zu Wikis ist dort alles zu finden; Ebay ist auf dem besten Weg Richtung Social Network; es gibt Dutzende von Händlerblogs; und selbst Otto und Neckermann haben das Thema E-Shopping 2.0 für sich entdeckt. Zitat Michael Otto: "Der Konsument will nicht mehr nur konsumieren, er möchte aktiv teilnehmen."
Bemerkenswert ist aber nicht nur der rasante Sinneswandel. Ungewöhnlich ist außerdem, dass sich ein Medienkongress mit dem Thema "E-Commerce Goes Social Commerce" befasst. Andererseits: Wo sonst wäre das Thema besser aufgehoben? Schließlich zeigen alle Web 2.0 Intiativen im E-Commerce, dass Händler längst nicht mehr nur an neuen Shoppingkonzepten, sondern defacto an neuen Medienkonzepten arbeiten.
Die Frage ist deshalb fast andersherum: Warum ist Social Commerce eigentlich bei den klassischen Medien (Verlage, TV-Sender, etc.) kein Thema? Schließlich finden sich bei allen neuen Mediendiensten (Yahoo, Google, MSN/Windows Live) inzwischen auch spektakulär neue Shoppingansätze (Shoposphere, Google Base Video Books, Windows Live Shopping, etc.).
Spannend sein wird zu beobachten, wann hier der Sinneswandel eintritt. Vermutlich auch erst, wenn Yahoo, Google oder MySpace mit weiteren Konzepten in Richtung Social Commerce auf den Markt kommen.
Ich finde die derzeitigen Diskussionen über Social Commerce sehr interessant und bin von den „innovativen“ und oftmals sehr kreativen Ideen der Betreiber sehr beeindruckt. Dennoch kann ich den Hype um das Thema nicht nachvollziehen. Klar, im Rahmen der ganzen Web-2-Hysterie ist das verständlich, aber meiner Ansicht nach sollte nicht vergessen werden, dass die Old-Economy den Gedanken der Kundenbeteiligung schon seit etwa 10 Jahren praktiziert. Dort wurden in einigen Branchen schon immer Gemeinschaften (später dann auch virtuelle Communities) um ein Produkt/Dienstleistung gebildet, genau das, was Amazon, Yahoo & Co. tut.
Da ich meine Diplomarbeit über das Thema Social Commerce und die Möglichkeiten einer interaktiven Kundenintegration in den Innovationsprozess von nicht internetbasierten Unternehmen schreibe, komme ich bei den derzeitigen Diskussionen in eine ziemliche Argumentationsnot, da die Wissenschaft das Thema Social Commerce als das versteht, was ich bereits oben genannt habe und das somit Social Commerce für Old-Economy-Unternehmen (Energieversorger etc.) in der Form, wie es diskutiert wird, nicht anwendbar bzw. hinfällig ist.
Stattdessen kann man Social Commerce auch mit den Begriffen „interaktive Wertschöpfung“ oder „Community Based Innovation“ gleichsetzen.
Deshalb bin ich der Meinung, dass auf solchen Kongressen die Möglichkeiten und der Einsatz von Social Commerce in klassischen Branchen diskutiert werden sollten. Denn immerhin beraten Internetdienstleister auch solche Unternehmen, für die die neue Offenheit und Vernetzung einen durchaus positiven Nutzen hätte.
Kommentiert von: T. Schulz | 17. August 06 um 16:05 Uhr