Ottos Stern am deutschen Versandhimmel sank auch 2006 weiter. Der Konzern konnte den Umsatz im Versandgeschäft nur knapp behaupten und verliert damit weiter Marktanteile an stark wachsende Versender wie Amazon, Ebay und QVC.
Auch die vielen, innovativen Long Tail Händler, mit Umsatzsteigerungen im mehrstelligen Bereich, jagen Otto kontinuierlich Marktanteile ab.
Noch hat Otto kein Gegenmittel gefunden. Die Zuwächse im E-Commerce verpuffen weiter. Sie können nur gerade mal so auffangen, was im klassischen Katalogversand verloren geht.
E-Commerce bei Otto ist heute gleichbedeutend mit Umsatzverlagerung; das Internet noch immer nicht mehr als eine virtuelle Bestellannahme für Katalogkunden.
Unklar bleibt daher, ob Otto - jenseits aller Sonntagsreden und Pressemitteilungen - das Internet wirklich ernst nimmt. 2006 flossen viel Zeit und Energie in Prestigeprojekte, die auch in Jahren kaum Umsatzrelevanz haben. Von "Online first", wie im Medienbereich, kann noch keine Rede sein.
Und die Nachfolgeregelung zeigt klarer denn ja: Im Zweifel schlägt das Otto-Herz immer noch für den Katalog und klassische Versandhandelskompetenz. Rainer Hillebrand, ein starker Verfechter von E-Commerce-Strategien, wird hingegen mit einem Beisitzerposten abgespeist.
Auch wenn das Unternehmen Glück hat und sich der vormals stärkste Wettbewerber gerade zusehends auflöst, ist auch der Otto Versand selber noch alles andere als über den Berg. Zumal man in Hamburg wenig gewillt scheint, mit Nachdruck an echten Handelsinnovationen zu arbeiten, sondern wenn, dann sein Heil vor allem in technischen Innovationen sieht.
Vollmundige PR-Mitteilungen sind schön und gut. Die Öffentlichkeit ist Augenwischerei gewohnt. Bitter wäre nur, wenn die eigenen Mitarbeiter den Außendarstellungen glauben und Otto wirklich für einen innovativen elektronischen Versender halten. Bis Otto mit Amazon, Ebay und QVC mithalten kann, ist es noch ein langer, steiniger Weg.
Frühere Beiträge zum Thema:
Hmm, das klingt hier aber ganz anders:
http://www.welt.de/wirtschaft/article782331/Wir_haben_Amazon.de_ueberholt.html
Kommentiert von: Christoph | 29. März 07 um 23:18 Uhr
Betonung auf "klingt" ;-) Natürlich lockt Otto immer mehr seiner Kunden ins Internet. Und dementsprechend ist es klar, dass Otto (als weitaus größerer Konzern) Amazon irgendwann im Internet überholt.
Diese Entwicklung ist allerdings fatal, solange Otto die entsprechenden Umsätze im Kataloggeschäft verloren gehen. Solange es sich also um reine Umsatzverlagerungen und kein reales Wachstum handelt.
Denn Amazon wächst real. Und nimmt Otto so konsequent Markanteile ab. Nicht im Internet, sondern bezogen auf den Gesamtmarkt.
Otto (wie Quelle & Co.) gerieren sich gerne als Könige im E-Commerce, haben aber eher die Kunst perfektioniert, ihre eigenen Umsätze von einer Tasche in die andere zu schaufeln.
Insofern also keine Gefahr für echte Online-Versender.
Kommentiert von: Exciting Commerce | 30. März 07 um 00:11 Uhr
Solange es bei Otto selbstverliebte Manager und Spielkinder wie den zuständigen Vorstand Dr. Hillebrand und seinen Leiter neue Medien Schnieders gibt, solange werden Vista-Spielereien Vorrang haben vor betriebswirtschaftlicher Effizienz.
Zum Glück wurde mit Schrader ein Nachfolger für Dr. Otto gewählt, der pragmatisch den Versand wieder operativ auf die Schiene bringen kann.
Fehlt nur noch ein profilierter e-commerce Mann an seiner Seite, der neue und alte Kunden für den Konzern (re)aktivieren kann.
Kommentiert von: Pierre | 30. März 07 um 16:26 Uhr
Ähem, das ist aber meiner Meinung nach ein betriebswirtschaftlich zweifelhafter und etwas anmaßender Eintrag. Und zwar aus folgenden Gründen:
Um wirklich von einer Umsatzverlagerung sprechen zu können, sollte man die Umsatz- und Kundenstruktur des Online-Geschäfts von Otto kennen: Wie viele Kunden wurden vom Katalog Richtung Online migriert? Wie viele Neukunden über das Internet gewonnen? Wie viel des Online-Umsatzes ist Bestellnummerneingabe? In welcher Höhe wurde der Nachfrageimpuls online (z.B. über Online-Werbemaßnahmen) generiert?
Ohne diese Informationen sind die Aussagen "reine Bestellannahme" bzw. "Umsatzverlagerung" reine Spekulation. Zumal die Online-Features & Functions (u.a. Kundenbewertungen, Filterfunktionen) meiner Meinung nach über eine Bestellannahme hinausgehen.
Zudem ist die Aussage, dass Otto Marktanteile an Amazon, Ebay & Co. verliert nicht gerade überraschend. Wenn ein Händler Äpfel und Birnen verkauft und die Äpfel deutliche Nachfragesteigerungen zu verzeichnen haben und die Birnen sich rückläufig entwickeln, verliert dieser Obsthändler gegenüber einem reinen Apfelverkäufer natürlich Marktanteile auf dem Obstmarkt. Aber wir wissen ja, wie das mit den Vergleichen von Äpfel und Birnen ist. Gegenüber den anderen Obsthändlern steht Otto auf jeden Fall sehr gut da.
Kommentiert von: Peter | 30. März 07 um 17:19 Uhr
Das "etwas anmaßende" haben Blogbeiträge wohl so an sich ;-)
Und leider muss man manchmal etwas mehr vereinfachen als es einem lieb ist, um einen Beitrag einigermaßen kompakt hinzubekommen. (Bzw. man verkürzt Passagen, die man schon das ein oder andere Mal anderswo ausgeführt hat.)
Bzgl. der Äpfel und Birnen: Dann fragt man sich natürlich, warum sich Otto & Co. selber immer mit Amazon & Co messen?
Denn das ist ja der Knackpunkt: Es gibt Versandhändler und es gibt Onlinehändler. Otto & Co. sind wunderbare Versandhändler. Dafür verdienen sie allerhöchsten Respekt.
Nur mit den reinen Online-Händlern können sie eben nicht mithalten, solange sie ihr eigenes Online-Geschäft in erster Linie als Stütze für den Katalogversand sehen.
Kommentiert von: Exciting Commerce | 31. März 07 um 03:03 Uhr