Als hätte KarstadtQuelle nicht schon genügend hausgemachte Probleme, hat sich der Versender nach MyBy in dieser Woche das nächste Sorgenkind angelacht und den darbenden Shoppingsender HSE24 von Barry Dillers IAC Interactive übernommen. In Kürze soll er als QuelleTV neu erstrahlen.
Seit geraumer Zeit ist HSE24 für das Teleshopping, was KarstadtQuelle für den Versandhandel ist. Beide Unternehmen haben sich in den vergangenen Jahren von der Marktentwicklung abgekoppelt und vor allem die Kunst perfektioniert, ihre Investoren mit schönen Versprechungen von einem Quartal auf das nächste zu vertrösten.
Die Zahlen sprechen für sich:
- Der Quelle-Versand verzeichnet Jahr für Jahr zweistellige Umsatzeinbrüche (s. das Chart des Grauens), während der Versandhandelsmarkt den größten Boom seit der Wiedervereinigung erlebt (30% Wachstum in den letzten 12 Jahren).
- HSE24 dümpelt 2006 auf dem Umsatzniveau von 2002, während der Hauptkonkurrent QVC im selben Zeitraum seinen Umsatz weit mehr als verdoppelt hat und auch der deutsche Teleshopping Gesamtmarkt um fast 100% gewachsen ist.
Die St. Petersburg Times berichtet vom Stammsitz von HSN, der Teleshopping-Tochter von Barry Dillers IAC Interactive. Der Bericht lässt erahnen, welche Schmach HSE den erfolgsverwöhnten Amerikanern über Jahre bereitet haben muss:
"The deal ends HSN's 11-year foray to crack the European market. (...)
Diller several times had to explain to analysts how logistical blunders plagued the German network's performance and undermined customer loyalty.
Meantime, HSN's bigger TV shopping rival, QVC, has been able to build a $1-billion-a-year business in Germany."
Wie KarstadtQuelle lebt HSE24 seit Jahren von der Substanz. Hoffnung nicht in Sicht. Wie soll nun aber ein in Teleshoppingdingen weitgehend unbewandertes Unternehmen wie KarstadtQuelle schaffen, was ein finanzstarkes und mit vermeintlicher Teleshoppingkompetenz ausgestattetes Haus wie IAC/HSN in 11 Jahren nicht hinbekommen hat?
Wenn "Quelle-Einbauküchen" zum Rettungsanker werden, dann ist der gemeinsame Weg vorgezeichnet.
IAC zumindest hat die Hoffnung aufgegeben, dass aus HSE24 noch etwas werden kann. Während sich Thomas Middelhoff "excited" gibt, schreibt IAC in seiner Pressemeldung vergleichsweise unverblümt:
“The sale of HSE24 to KarstadtQuelle allows us to strengthen our focus on our core domestic retail market, and demonstrates IAC’s continuing commitment to redeploy its capital into strategic growth areas,” said Doug Lebda, President and Chief Operating Officer of IAC."
Am Rande interessant: Der Verkauf wird in volatilen Börsen-Euro abgewickelt. IAC bekommt Anteile an KarstadtQuelle und einen Nachschlag, falls sich der Kurs nicht entsprechend entwickelt.
Zur Orientierung: Vor zwei Jahren waren IAC 10% der HSE-Anteile 10 Mio. reale Euro wert. Damals hieß der Verkäufer allerdings noch KarstadtQuelle.
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