Die ACTA-Analyse bringt alljährlich an den Tag, was die großen Versender immer gerne verschleiern wollen.
Die Online-Umsätze von Neckermann, Otto, Quelle und Co. liegen samt und sonders unter 20%. Zumindest wenn man die Kunden befragt. Und die Händler ihre Online-Umsätze nicht mit Sammelbesteller-, Callcenter- und anderweitig erfassten Bestellungen aufhübschen lässt.
In den USA widmet sich die neue Ausgabe des Internetretailer Magazins den Verlierern der Internetrevolution, den großen Einzelhandelsketten und Katalogversendern:
"In retailing, the Internet is a great equalizer and no group knows that better than the biggest chains. With their deep pockets, established brands and thousands of stores, the big chains dominate conventional retail sales.
But after 10 years it’s clear that major chain retailers aren’t dominating e-commerce sales. (...) The big retail chains are losing online market share and ceding even more sales to virtual merchants, consumer brand manufacturers and smaller niche players."
As a group, the 25 largest chain retailers accounted for $25.6 billion—19%—of all e-commerce sales of $136.2 billion in 2006, down from 22%, or $23.7 billion, of $109.4 billion in 2005, according to an analysis by Internet Retailer.
In 2006 the business-to consumer e-commerce market grew by 26%, but the biggest 25 chain retailers increased their combined sales by 8%."
Ein sehr lesenswerter Artikel, der so auch für den deutschen Markt geschrieben werden könnte.
Noch traut sich allerdings niemand, gegen den PR-Druck der (Versand-)Handelsriesen anzuschreiben, obwohl die bvh-Zahlen (nach der Umstellung im Jahr 2006) auch hierzulande den Bedeutungsverlust besser widerspiegeln denn je.
Frühere Beiträge zum Thema:
die Rechnung ist eine ganz einfache:
1.)Genauer hinschauen, denn von den Versendern propagierte Umsätze, sind keine, sondern ist meistens die BRUTTO-Nachfrage.
Also gehen noch Impräsenzen und Retouren runter.
2.) Von diesen echten Umsätzen sind wiederum ca. 60-70% über Sammelbesteller oder s.g. Bestellagenturen verursacht, die das Internet als reinen BESTELL-, nicht VERTRIEBSWEG nutzen.
D.h., diesen Auftragsmittlern liegt sogar meistens ein gedruckter Katalog vor, aus dem einfach nur Bestellnummern in den elektronischen Bestellschein gehackt werden.
3.) Von der Website, also den im Internet gezeigten Produkten der Versender, wird zu einem weit geringeren Anteil gestöbert und bestellt.
4.) Oft und viel zitierte hohe Neukundenanteile übers Web, sind auch nicht so wertvoll, wie sie oft dargestellt werden.
Denn oft handelt es sich nicht um eine akquirierte, echte Neukundenadresse, sondern um eine Reaktivierung einer s.g. Kelleradresse, die seit ein paar Saisons nicht aktiv war.
Zählt man all dieses zusammen, fällt da manch Propagandaspruch von Versendern wie ein Ballon in sich zusammen, dem man die Luft rausläßt. Man muß sich nur ab und zu trauen auch mit der Nadel reinzupiecksen.
Kommentiert von: Pierre | 04. September 07 um 15:54 Uhr
Man sollte zum besseren Verständnis erwähnen, dass die zitierte ACTA-Studie bereits am 11.10.2006 vorgestellt wurde [1] und auf mündlich-persönlichen Befragungen im Zeitraum Januar bis August 2006 basiert [2].
(Neue Zahlen gibts erst am 16.10.2007 [3].)
Darüberhinaus gibt das hier verwendete Schaubild [Quelle übrigens 1, S.33] auch keine Hinweise darüber, wie die zugrundeliegende Fragestellung lautete. So kann ich nicht erkennen, wie die ACTA z.B. Online-Besteller auf Katalog-Grundlage behandelt. Auch ist mir nicht intuitiv klar, wie die Abweichungen zu 100% (rote Linie im Schaubild) der Summen von Online- und klassischem Bestellweg enstehen.
Hier wäre eine weitere Erläuterung hilfreich bzw. erforderlich.
Andreas
PS: Wer einfordert, ach so heroisch gegen "den PR-Druck der (Versand-)Handelsriesen anzuschreiben", sollte vielleicht selbst etwas mehr darauf achten, auf aktuellen Zahlen und Untersuchungen zum deutschen Markt basierend zu argumentieren und nicht durch Weglassen von Informationen wie dem Untersuchungszeitraum hinkende Vergleiche zu ziehen.
[1] http://www.acta-online.de/praesentationen/acta_2006/acta_2006_Maerkte.pdf
[2] http://www.acta-online.de/steckbr_2006.html
[3] http://www.acta-online.de/ankuendigung_07.html
Kommentiert von: Andreas H. | 06. September 07 um 14:24 Uhr
Bei den Zahlen handelt es sich um die aktuellst verfügbaren Zahlen. Die Quelle zur ACTA-Analyse war angegeben. Und natürlich wird es ein Update geben, sobald die neuen Zahlen vorliegen.
Vielen Dank für die zusätzlichen Links.
PS. "Gegen den PR-Druck anzuschreiben", hat weniger etwas mit "heroisch" zu tun, als mit journalistischer Sorgfaltspflicht, die sich nicht von der Dauer-PR der Versender einlullen lässt, sondern den geschönten Zahlen beständig misstraut und auch dann dagegenhält, wenn die PR-Abteilungen sie inzwischen fast monatlich wiederholen.
Kommentiert von: Exciting Commerce | 06. September 07 um 19:25 Uhr
Heute war ich einmal wieder richtig überrascht wie teuer sich die klassischen Katalogversender versuchen Martkanteile zu erkaufen. Neckermann versendet aktuell 10 EUR (!!!) Gutscheincodes per SMS, siehe www.neckermann.de/o2 und diese Gutscheine sind sogar ohne Mindestsummme des zu kaufenden Artikel gültig.
So was gab es wohl seit dem Platzen der Dot-Com Blase nicht mehr. Aber wahrscheinlich geht es hier auch darum dem möglichen Käufer (?) eine nette Neukundenstatistik vorzuweisen... ob da die teuer erkauften loyalen(???) Gutscheinkunden wirklich erwähnt werden - wer weiss das schon. Riecht aber ein wenig nach Exitmassnahme - oder?
Kommentiert von: Martin | 10. September 07 um 20:03 Uhr