Google und speziell Google Adwords ist für junge Online-Shops zunächst eine wunderbare Sache, um auf ein neues Angebot aufmerksam zu machen und die ersten Kunden anzulocken. Allerdings besteht erhebliche Suchtgefahr. Wer es übertreibt, der begibt sich in weitestgehende Abhängigkeit von Google & Co.
Die ersten Händler erkennen dies und erproben Alternativen. Der Pflanzenversender Lubera befindet sich gerade auf Google-Entzugskur - und Lubera-Chef Markus Kobelt berichtet über seine Erfahrungen (via Mail):
"Wir verzichten jetzt gänzlich auf Adwords (letztes Jahr pro Monat ca. 2.000 Euro), und wir haben für Neubesteller den Zwang, mit Kreditkarte zu kaufen.
Dennoch machen wir aktuell die gleichen Umsätze wie vor einem Jahr (ein kleines Plus von ca. 10%), das heisst kleine 6-stellige Beträge pro Monat. Also eine beachtliche Leistung und mehr Unabhängigkeit von Google und Co.
Dies ist möglich vor allem dank der Communityfunktionen: den Fragen/Antworten, von denen bis jetzt bald 2.300 beantwortet wurden und die auch dezentral bei den Produkten gezeigt werden. Bei den Fragen ist die Communitybildung sehr harzig, die Antworten kommen meist von uns, bei den Bildern geht’s dank Wettbewerb einfacher.
Unser neustes Tool zur Kundenbindung ist der Pflanzenfinder. Dieser ist in unsere Plattformen integriert, aber auch als Standalone-Seite (www.pflanzenfinder.com) zugänglich."
Wer es schafft, seine Nutzer zu aktivieren und mit hilfreichen und/oder unterhaltsamen Tools zu locken, der hat ganz andere Hebel als ein rein produktgetriebener Anbieter, der ausschließlich auf die mehr oder weniger gekonnte Produktvermarktung setzen kann/muss.
Weitere Händler, die mit Communities experimentieren, sind: Happy-Size, Fahrrad.de/Fitness.de, Zooplus, Cyberport und Gourmondo.
Auch Hendrik Bahr hat das Thema ("Google oder nicht Google, das ist hier die Frage") kürzlich aufgegriffen und widmet sich dort auch der Frage "Was kommt nach Goolge?
Beispiele für extreme Abhängigkeiten finden sich im früheren Beitrag:
"Es ist in der Tat ein Problem, nur von Google abhängig zu sein. Unser Onlineshop bezieht mehr als 80% des Traffics über Google und wir wären definitiv ohne die Adwords und den Suchmaschinentraffic als Shop nicht überlebensfähig."
Frühere Beiträge zum Thema:
Ah - das ist ja mein Kommentar zu dem Thema. Daher noch eine Ergänzung:
Inzwischen konnten wir den Anteil an Google ein wenig drücken. Der Wiederbestellanteil ist gestiegen und die bezahlten Klicks sind inzwischen in der Minderheit.
Gezielt versuchen wir derzeit den Besuchern mit interessanten Tools (Livebox, zuletzt gesucht, zuletzt gekauft, Produktvideos) ein spannenderes Einkaufserlebnis zu bieten. Zukünftig planen wir ein Frage / Antwort System zu integrieren.
Dazu haben wir unseren Newsletter erneuert (In der Registrierung per Permission Marketing) und vor Kurzem einen Blog gestartet.
Da ich selbst eher aus der Ecke Suchmaschinenoptierung stamme, musste ich erst lernen, wie man eben nicht nur von Google & Co. (Wobei das Co. in Deutschland ja quasi nicht existent ist) abhängig ist. Bzw. was man dagegen unternehmen kann.
Kommentiert von: Nils Bluhm | 10. April 08 um 12:36 Uhr
;-) Vielen Dank für das Update, vor allem auch für den letzten Absatz.
Kommentiert von: Exciting Commerce | 10. April 08 um 12:40 Uhr
Immer gern - und übrigens: Meine Einstiegsquelle ist nunmehr seit fast zwei Jahren Dein Blog.
Vielen Dank für Deine hochwertigen Beiträge ;)
Kommentiert von: Nils Bluhm | 10. April 08 um 12:51 Uhr
Danke fürs Kompliment. Sowas hört man immer gerne :-)
Andere Meinungen/Erfahrungen zum Thema?
Kommentiert von: Exciting Commerce | 10. April 08 um 12:57 Uhr
Aber wieso denn auf Google verzichten, wenn Adwords noch profitabel läuft? Man kann seine Abhängigkeit von Google ja auch mindern (was man auf jeden Fall tun sollte), indem man schaut, was NEBEN Google noch möglich ist.
Kommentiert von: Patrick | 10. April 08 um 13:06 Uhr
Weil erst der Verzicht zu radikal neuen Denkansätzen führt ;-) Und weil man nicht davon ausgehen sollte, dass Adwords in fünf Jahren noch profitabel läuft.
Nur am Rande: Woot! läuft komplett ohne Adwords und profitiert - ganz im Gegenteil - von den Adwords-Provisionen:
http://ecommerce.typepad.com/exciting_ecommerce/2006/04/eintrgliches_zu.html
Kommentiert von: Exciting Commerce | 10. April 08 um 13:14 Uhr
Wenn ein Geschäft auch ohne Google läuft ist das schön.
Will ich allerdings stärker als der Markt wachsen und mich nicht mit kleinen Wachstumsraten zufrieden geben, dann ist es meiner Meinung nach schon fast grob fahrlässig gänzlich auf SEM zu verzichten.
Stattdessen sollte man SEM zur Unterstützung heranziehen und dadurch gezielt auf Neuerungen und Kundenbindungs-Tools im Shop aufmerksam machen.
Kommentiert von: e-driven.de | 10. April 08 um 14:18 Uhr
Wir von styleon.de nutzen natürlich auch AdWords Kampagnen zur Neukundengewinnung. Wir geben sogar je nach Monat ca. 5-10% unseres Umsatzes für diese Kampagnen aus. Letztes Jahr allein weit über 100.000EUR. Eine Abhängigkeit sehe ich deshalb aber nicht unbedingt.
Die Wiederbestellrate ist bei uns recht hoch auch ohne solch SchnickSchnack wie Forum, Bewertungen usw.
Man braucht eben immer wieder neue und interessante Produkte. Pressearbeit ist ein interessantes Thema was aber viele Shops vernachlässigen.
So lange es aber noch profitabel ist und Sinn macht Anzeigen zu schalten, sollte man dies auch tun. Immerhin ist dieses System eines der wenigen bei dem man den Erfolg direkt messen kann. Auch ist es möglich sofort alles zu stoppen, wenn es nicht mehr läuft.
Aber im Endeffekt ist es immer abhängig vom Konzept des Betreibers. Es gibt Shops die sind zu 100% abhängig von AdWords, aber verdienen sich trotzdem eine goldene Nase damit. Man muss eben nur die richtige Nische gefunden haben.
Kommentiert von: Tobi | 10. April 08 um 14:18 Uhr
Hmm, wenn die Adwords-Ausgaben Gewinn bringen, warum die einfach abschalten und dann noch damit prahlen? Wieviel Umsatz hätte er denn, wenn AdWords trotzdem noch laufen würden? Fakt ist leider bei den meisten eher, dass die Adwords-Ausgaben nicht profitabel sind oder man das gar nicht genau weiß. Aber wenn ich z.B. jetzt für 50.000 Umsatz nur 2.000 Werbeausgaben habe und das im Rahmen der Marge liegt, warum sollte ich mir die 50.000 jetzt abschneiden? Nur um unabhängiger zu sein oder von Google wegzukommen, oder weil AdWords in 5 Jahren vielleicht nicht mehr geht?
Andere Sachen kann man doch trotzdem ausprobieren...
Ach, und Woot profitiert von AdSense-Einnahmen, das ist die "andere Seite" von AdWords. Bei deren Margen und Geschäftsmodell macht Werbung per AdWords aber auch wenig Sinn, da wären vielleicht die Arbeits-Kosten für die Einrichtung der ständig wechselnden Kampagnen höher als die AdWords-Ausgaben selbst...
Kommentiert von: Daniel | 10. April 08 um 17:22 Uhr
Nun also, Adwords ist natürlich auch für mich keine Glaubensfrage.
Fakt ist, dass man mit Adwords schneller wachsen kann. Fakt ist aber auch, dass dieses Wachstum meist relativ teuer erkauft ist.
Bei uns ist Adwords nur in der Hochsaison (Pflanzenverkauf) knapp rentabel, aber auch das nur, wenn man neben den direkten Verkäufen alle Zusatzeffekte (wiederkehrende Besucher, Newsletterabos etc) relativ grosszügig bewertet. Hier bewegt man sich aber auf ziemlich unsicherem Gelände mehrfach abgeleiteter Annahmen...
Kommentiert von: Markus | 10. April 08 um 22:56 Uhr