Paul Graham bringt das Paradoxe an innovativen Ideen und Geschäftsmodellen auf den Punkt:
"Any really good new idea will seem bad to most people; otherwise someone would already be doing it."
Gründer, die etwas originär Neues wagen wollen, tun sich extrem schwer, an das erforderliche Kapital zu kommen, das es ihnen erlaubt, neuartige Ideen weiterzuentwickeln, reifen zu lassen und einen Weg zu finden, sie groß zu machen.
Wenn sich dann selten genug doch mal ein Kapitalgeber findet, beginnt umgehend der Monetarisierungsdruck - und die einst vielversprechende Idee wird solange verbogen, bis das Zukunftspotenzial dahin ist.
Umair Haque hat das Dilemma kürzlich beschrieben ("How to Fix Venture Capital") und Marcel Weiß hat es aufgegriffen ("Warum gibt es keine Innovatoren vom Schlage Googles?").
Außenstehende unterschätzen, wie extrem risikoscheu die Investorenszene ist. Engagierte Gründer, die mit (scheinbar) verrückten Ideen neue Märkte erobern wollen, werden als Belästigung empfunden.
Zwar behaupten alle, dass sie "das nächste Google" finden wollen. Doch wird dies ihr ewiger Traum bleiben, weil weder die vom frühen Internet geprägten Business Angels noch angestellte Investmentmanager "das nächste Google" je erkennen würden. Viel zu riskant!
Paul Graham, der in den USA den Inkubator "Y Combinator" betreibt, beschreibt die Gründe:
"Money guys undervalue the most innovative startups. The reason there aren't more Googles is not that investors encourage innovative startups to sell out, but that they won't even fund them.
The most surprising thing I've learned is how conservative they are. VC firms present an image of boldly encouraging innovation. Only a handful actually do, and even they are more conservative in reality than you'd guess from reading their sites.
They're terrified of really novel ideas, unless the founders are good enough salesmen to compensate."
Ihre Risikoscheu und Phantasielosigkeit kann man Investoren schlecht vorwerfen. Siehe dazu auch den lesenswerten Beitrag von Andreas Göldi ("Ein paar Dinge, die man über Venture Capital wissen sollte"). Wohl aber kann man ihnen vorhalten, dass sie Innovationsfreude vorgaukeln, wo keine ist.
Gründer mit neuartigen Ideen sollten sich nichts vormachen: Innovationen sind bei Investoren nicht willkommen! Deshalb, wenn Ihr nicht in Schema F passt, verschwendet Eure Zeit nicht damit, bei den üblichen Verdächtigen vorzusprechen - und selbst wenn sie von sich aus auf Euch zukommen, lehnt deren Geld ab!
Orientiert Euch lieber an Leuten wie Rob Kalin. Vermarktet Euch selbstbewusst und authentisch in Eurem eigenen Blog. Nehmt Kontakt zu Unternehmern (außerhalb Deutschlands!) auf, die selber eine neuartige(!) Idee umgesetzt haben.
Nutzt frühzeitig die Möglichkeiten, die Euch innovationsfreudige Blogs (zweinull, neunetz, ReadWriteWeb bzw. Exciting Commerce (für E-Commerce Themen)) bieten. Interessierte Investoren verfolgen diese Blogs sehr aufmerksam und stoßen so auf Euch.
Wenn Ihr ein spannendes Konzept habt und nicht ausschließlich im stillen Kämmerchen arbeitet, dann finden Euch die (wenigen) potenziellen Geldgeber auf die ein oder andere Weise.
Generell stellt Euch jedoch mental auf schwere Zeiten ein! Denn Kapital kriegen heute mehr denn je nur die, die sich an vermeintlich Bewährtem orientieren und (aus Investorensicht) auf Nummer sicher gehen.
Oder anders forumuliert:
"Whoever the next Google is, they're probably being told right now by VCs to come back when they have more "traction."
Frühere Beiträge zum Thema:
Ein sehr guter Beitrag, der zum Denken anregt.
Aber genauso wie Entrepreneure neue Wege beschreiten, können auch Geldgeber sie sehen und dabei helfen sie zu beschreiten.
Dabei kann man das Beispiel Google dann ja auch andersum nutzen. In dem Fall hat es ja schließlich geklappt, das Geldgeber die Vision der Gründer gesehen haben und sie dabei unterstützen. Oder auch z.B. bei Facebook, was das eigene Geschäftsmodell - Das Google Adwords von Google - auch noch 100%ig gefunden hat, dem aber zugetraut wird es zu finden.
Was ich aus deinem Beitrag als Message mitnehme ist vielmehr, dass man andere Leute für seine Idee begeistern muss, wenn man neue Wege beschreitet. Sonst werden sie einem nicht folgen.
Kommentiert von: Kolja | 20. April 08 um 15:20 Uhr
Die Problemstellung erinnert etwas das unvermögen großer, marktführender Firmen disruptive technologien zu erkennen, die sie dann eines tages aus dem spiel fegen.
grusz
klm
Kommentiert von: klaus-martin meyer | 21. April 08 um 12:57 Uhr
Diese Schema erkärt auch ganz gut, warum Investoren lieber in das vierte Mütter-Netzwerk, die 11. Sportlerplattform oder die achte Reise-Community investieren.
Und diese Investments in einzelne "Hype"-Themen zeitlich gesehen immer fast gleichzeitig auftreten.
Aber klar, keiner will sich nach 1-2 Jahren vorwerfen lassen, einen bestimmten Trend verpasst zu haben. Kann man aus der "Corporate Denke" ja auch verstehen.
Kommentiert von: Lizzy | 22. Oktober 08 um 10:01 Uhr
Telefone mit Kamera. Ach nein, Handys mit Kamera. Wer hat da den Trend verpasst und hinkt nun hinterher? Achja, die deutschen Unternehmen.
Hybridautos? Elektroautos? Erst wenn die Hütte brennt, wird in Neues investiert.
Kommentiert von: Franz | 24. Oktober 08 um 23:40 Uhr