Unter Verkaufsgesichtspunkten sind Videos im E-Commerce sicherlich ein eher fragwürdiges Vergnügen. Denn wer mit bewegten Bildern ernsthaft Umsatz machen will, der sollte am besten gleich einen Live-Kanal im Stil von QVC oder HSE24 starten.
Nichtsdestotrotz tauchen gerade ein paar sehenswerte Video-Shoppingangebote der anderen Art auf, denen zwar in dieser Form auch noch nicht unbedingt die Zukunft gehört, die aber zeigen, dass Bewegtbildelemente mehr sein können als simple Produktpräsentationen und im Bestfall zur Vernetzung und zum Austausch von Händler und Kunden beitragen können.
Gemeinsam ist ihnen der Plattformansatz. Mehrere, in der Regel sind es, Spezial- und Nischenversender können sich auf einer gemeinsamen Video-Shoppingplattform präsentieren:
- Auf seine Weise höchst "amüsant" ist The Talk Market, das der New York Times E-Commerce Report im März ausführlich vorgestellt hat ("A D.I.Y. Approach to Making a Web Commercial"): Händler präsentieren sich und ihre Produkte - im Bestfall auf informative, in der Regel auf eher langatmige Art und Weise. Wie von YouTube bekannt lassen sich die Videos auf eigene Seiten einbinden.
- Einen etwas anderen Weg wählt Shopflick, das noch nicht gestartet ist. Da aber Techcrunch bereits ausführlich darüber berichtet hat, ist es entsprechend einfach, Zugang zu bekommen. Hier können Händler nicht nur einzelne Produktvideos einstellen (wie bei Talk Market), sondern Shops einrichten und diese mit Videos anteasern.
- Den ungewöhnlichsten, aber aus unserer Sicht spannendsten Ansatz verfolgt ShangBy, ebenfalls am besten bei Techcrunch zu bewundern. Auch hier präsentieren sich kleinere Shops. Doch kommt erstmals so etwas wie Live-Atmosphäre auf. Nicht nur gibt es ShangBy-TV als Livefeed. Auch einzelne Händler können zu regelmäßigen Zeiten Programm machen, ihre neuesten Produkte vorstellen und dann direkt für Auskünfte und Fragen zur Verfügung stehen.
Man fragt sich allerdings, warum es noch spezielle Videoshoppingangebote dieser Art braucht. Vieles können Händler auch mit klassischen Plattformen wie Youtube (für Videoaufzeichnungen) oder Justin.tv (für Livestreams) lösen - und die Programmelemente dann direkt in ihre herkömmlichen Online-Auftritte einbauen. Manchmal machen das Programm aber auch einfach die Fans - wie das tägliche Woot-TV ("Every night, quarter-to-Woot").
Letzteres zeigt auch, was bei fast allen Videoangeboten zu kurz kommt - der Spaß an originellen Ideen.
Frühere Beiträge zum Thema:
Hallo Jochen,
vielen Dank für Deinen Beitrag. Die Bewegtbildansätze sind eines der interessantesten Themen im eCommerce. Da kann ein undurchdachter, vorschneller Ansatz schon mal ein finanzielles Grab sein.
Kommentiert von: Magnus | 19. Mai 08 um 12:12 Uhr
Also auf den ersten Blick ist Shopflick sehr interessant, aber mit Transaktiongebühren von 12,5% kann ich mir keinen Erfolg am Mainstream -Markt vorstellen. Ich als Händler würde das niemlas bezahlen. Deswegen finde ich es gerade für Etsy affine Verkäufer interessant, die ihre Produkte selber herstellen oder extrem limitierte Artikel führen.
Kommentiert von: David | 19. Mai 08 um 14:11 Uhr
Bei allem Respekt: Aber einerseits die üblichen pauschalierten Vorurteile gegen vermeintliche QVC-Lookalikes als jedermanns Feinbild Nummer 1 abzuspulen, um dann andererseits die gewohnt abseitigen Orchideenthemen als einzig sinnvolle Lösungen zu preisen, ist der sachlichen Diskussion nicht dienlich. Bewegte Bilder im eCommerce helfen Konsumenten zunächst einmal, Produkte besser zu verstehen und ihre Kaufentscheidung zu treffen. Das ist ja schon einmal was. Distributoren wie z.B. Cliplister ermöglichen eCommerce-Anbietern, diesen Vorteil zu nutzen. Auch schön. Was daran "ein fragwürdiges Vergnügen" sein soll, erschließt sich nicht.
Alles weitere ist als neue mediale Darreichungsform - wie immer - zu erproben. Wer jetzt bereits zu wissen meint, welchen Konzepten hier "die Zukunft gehört", sollte vielleicht einmal nachrechnen, wie viele der hier euphorisch gepriesenen esoterischen Geschäftsmodelle der letzten Jahre denn noch am Leben sind, und den Ball einfach mal flach halten und allen Marktteilnehmern die Zeit geben, jedes neue Konzept zu probieren. Auch denen, die den "fragwürdigen" Anbietern ähneln: Die sind nämlich kommerziell erfolgreich.
Kommentiert von: Gummig | 19. Mai 08 um 15:52 Uhr
Mit Verlaub, aber das Thema Video und Rich Media Anwendungen wird so gehypt, da wird ja mal eine alternative Sicht der Dinge erlaubt sein.
Sobald mir jemand ein einziges erfolgreiches Online-Verkaufsvideo zeigt, bin ich der erste, der zum Verfechter von Produktvideos wird.
Ansonsten geht es hier im Blog um alternative Verkaufskonzepte und um mögliche neue Geschäftsmodelle.
Ein großes Missverständnis wäre es sicherlich, hier "Lösungen" zu erwarten. Im Bestfall können die Beiträge als Anregung dienen.
Kommentiert von: Exciting Commerce | 19. Mai 08 um 16:38 Uhr
Gerne - wohin darf ich die Videos schicken?
Das heisst - Moment, Moment - wann ist ein Verkaufsvideo denn "erfolgreich"? Meine Definition: Deutlicher Mehrverkauf ggü. Angebot desselben Produkts ohne Video. Richtig?
Kommentiert von: Gummig | 19. Mai 08 um 21:36 Uhr
Ein Link würde schon reichen ;-)
Wie wäre es etwas greifbarer mit einem Beispielvideo, das 500 oder mehr Artikel verkauft bzw. einen Umsatz von mindestens 25.000 Euro gemacht hat? Spannend wäre zu wissen, in welchem Zeitraum.
Kommentiert von: Exciting Commerce | 19. Mai 08 um 22:14 Uhr
ich hätte auch gerne den Link zu diesem Produkt-Video und gerne auch ein paar begleitende Erfolgszahlen.
Meine Definition eines (!) erfolgreichen Produktwerbemittels (also auch eines Videos) ist: Steigerung des qualitativen Traffics, Steigerung der Conversion und Reduktion der Retouren. Für alles andere muss ich nicht in die Zukunft blicken...
Kommentiert von: Magnus | 20. Mai 08 um 09:29 Uhr
Z.B. hier:
http://www.marc-o-polo-shop.com/index_247_GG_M1.htm
Dazu die entsprechende Meldung:
"Bereits kurze Zeit nach der Onlineschaltung des neuen Video-Shopping Senders im Marc O’Polo Onlineshop verdoppelte sich die Konversionsrate der Kunden, die aus dem Video heraus Ware kaufen gegenüber der Konversionsrate ohne Video"
Mit diesem Kunden hat unser Haus übrigens nichts zu tun - nur, um Verdachtsmomente zu beseitigen....
Kommentiert von: Gummig | 20. Mai 08 um 09:56 Uhr
so jetzt: schönes Beispiel, gefällt mir wirklich gut. Ich bin gespannt wie sich das weiter entwickelt, da es sich nicht groß im Shop skalieren lässt und auch nicht indexierbar ist...
Kommentiert von: Magnus | 20. Mai 08 um 11:18 Uhr
wo gibts denn da videos? bin ich blind? hab alles abgesucht :(
Kommentiert von: paulinepauline | 20. Mai 08 um 17:28 Uhr
Nichts gegen Plattformen, aber... Ende des letzten Jahrhunderts gab es in den USA mal den "Catalog Channel". Das war so eine Plattform im Sinne von Teleshopping. Total gefloppt. An Bestseller-TV erinnert sich hier der eine oder andere noch.
Das kann zwar im Internet anders funktionieren. Und die Reichweite (technisch/faktisch) ist sicher ein eigenes Thema.
Aber grundsätzlich glaube ich, dass die Sache nur rund wird, wenn ein ordentliches Programm- bzw. Format-Management dahintersteckt. Mit gleichbleibender Qualität, Steuerung und Optimierung. Mit durchgängiger Weiterentwicklung, die nicht den vielen Partner überlassen bleibt.
Amazon und eBay sind Plattformen, bei denen der Rahmen identisch und damit die Erwartung der Kunden stets zu befriedigen ist. Das ist bei den ggw. Video-Plattformen IMHO noch nicht der Fall. Wäre aber super, wenn es einer schafft. Für die Nischen- und Spezial-Anbieter wäre es klasse.
Und zum Thema YouTube: Das ist zwar als Videoportal nett, aber was fehlt, ist die Shopping-Umgebung. Und darum geht es ja letztlich, oder?
Kommentiert von: Martin | 21. Mai 08 um 12:06 Uhr
Ich stimme in so gut wie allen Punkten zu und bin gegenüber Plattformansätzen ähnlich skeptisch.
Der Beitrag sollte vor allem verdeutlichen, dass Videos mehr sein können als ein mehr oder weniger nützliches Feature innerhalb eines Shops.
Kommentiert von: Exciting Commerce | 21. Mai 08 um 12:17 Uhr
Hallo zusammen,
ich verfolge die hier entstehende Diskussion gespannt. Wir haben mit unserem Unternehmen die oben genannte Video-Shopping Lösung für Marc O'Polo um gesetzt, welche unter
http://www.marc-o-polo-shop.com/index_de.htm?women&show
zu finden ist.
Ich sehe im Web zwei verschiedene Richtungen, in welche sich das Thema E-Commerce und Videos entwickeln könnte. Ziel von beiden Richtungen ist es, online Shopping lebendiger zu gestallten und zu emotionalisieren und zu verkaufende Ware besser Präsentieren zu können.
Um Ware besser Präsentieren zu können als dies mit einer reinen Fotodarstellung möglich ist, eignen sich einzelne Videobeiträge die direkt auf der Unterseite des zu verkaufenden Produkts parallel zu den Fotos eingebunden werden können. Hier ist das Ziel einzelne Funktionen und Merkmale der Ware durch die Videopräsentation darzustellen.
Die Entemotionalisierung erfolgt mehr über Videoinhalte die in sich schlüssig sind und welche sich der Kunde auch ohne ein direkt begründetes Kaufinteresse gerne ansieht und erst durch den Konsum des Videos zum Kauf animiert wird. Hier muss ich dem Kommentar von Martin zustimmen, dass hierfür ein echtes Programm bzw. Format notwendig ist. Um dies zu erreichen muss deutlich mehr Aufwand in die Videoproduktion gesteckt werden, als dies bei der reinen Produktpräsentation notwendig ist.
Ich bin weiterhin der Meinung das sich diese beiden Formen der Videopräsentation gegenseitig ergänzen und das im Einzelfall entschieden werden muss worauf man seinen Fokus legt.
Kommentiert von: Philipp Berner | 23. Mai 08 um 19:08 Uhr
Hallo zusammen,
tolles Thema! Wir liefern Online Shops zu jedem Produkt den aktuell verfügbaren Hersteller Clip in allen relevanten Branchen. Wir produzieren nicht selbst. Stattdessen beschaffen und prüfen wir das Material der Hersteller inhaltlich und technisch und bringen es in optimale Form zur automatisierten Wiedergabe. Die Clips werden daher auch artikelgenau Produkten zugewiesen. Weiterhin kümmern wir uns um rechtliche Belange. Insgesamt ein komplexes Thema...
Unsere Erfahrung ist, dass mit hoher Videoabdeckung und effizienter Pflege die Wirkung messbar wird.
Aktuell können wir über 13.000 Produkten Clips zuordnen, sind mit über 1.500 Herstellern und Marken in direktem Kontakt und sind bei großen Shops live (seit Oktober).
Zweifelt hier jemand tatsächlich an der Zukunft von Videos in Shops? Klar, der Mehrwert muss für den Endkunden erkennbar sein. Reine Werbe Einblendungen werden auf der Produktseite nicht überleben. Die Videos der Hersteller werden aber inhaltlich immer besser. Die Qualität ist ja ansonsten überwiegend sehr hoch.
Kommentiert von: Ali Gürler | 27. Mai 08 um 09:17 Uhr