"Wer wird 2008 der erste Multi-Channel-Versender, der seinen Katalog abstößt und komplett online-getrieben handelt?" - so unsere Preisfrage für dieses Jahr.
Neckermann ist es. Neckermann läutet das Ende des Katalogs ein und setzt in der Schweiz künftig nur noch auf das Internet. Aus der Pressemitteilung:
"Neckermann konzentriert sich in der Schweiz zu 100 Prozent auf das Online-Geschäft und verzichtet künftig auf den Katalogversand. (...)
Um das Angebotsspektrum zu erweitern, wurde der Online-Shop Ende 2007 zur Vertriebsplattform ausgebaut: Unternehmen können die große Reichweite des Online-Auftritts, das Know How und den bekannten Markennamen nutzen und ihre Produkte über neckermann.ch anbieten.
Bisher sind zwei neue Sortimente auf der Plattform eingebunden, vier Partner werden dieses Jahr noch folgen. Mit weiteren Unternehmen werden intensive Verhandlungen geführt."
Doch nicht nur in der Schweiz, auch in Deutschland steht der Katalog zur Disposition:
"Bis 2010 soll das E-Commerce-Geschäft statt heute 50 mindestens 70 Prozent des Gesamtordervolumens von neckermann.de ausmachen. Die Umwandlung der Schweizer Landesgesellschaft in ein reines E-Commerce-Unternehmen ist Teil dieser Strategie."
Zugegeben: Für Neckermann, einen Versender, der ums Überleben kämpft und den selbst die eigenen Gesellschafter als wertlos einstufen, ist das Internet die letzte bzw. die einzig wirkliche Chance, um die Reissleine zu ziehen und sich schnell kostenseitig zu verbessern.
Dennoch ist es bemerkenswert, dass sich Neckermann als erster Universalversender vom lange als strategisches Allheilmittel gepriesenen Multichannel-Versand verabschiedet - und künftig alle Energie auf einen Kanal konzentrieren will.
Frühere Beiträge zum Thema:
Nur zum besseren Verständnis:
neckermann.ch ist seit 2003 überhaupt erst am Markt. Der Umsatz liegt im niedrigen zweistelligen Mio-Bereich, während der Gesamtmarkt (von Universal-Versendern dominiert) mehr als 1 Mrd. Euro abwirft.
Markus Krechting hatte das Unternehmen seit 2006 sehr entschieden immer auf online getrimmt. D.h. es gibt dort keine angestammte Katalog-Kundschaft.
In Holland, wo eigentlich der Onlinehandel noch stärker brummt, hütet sich neckermann davor, seinen Katalog aus dem Markt zu nehmen. Dort würden substantiellere Umsätze gefährdet. An anderer Stelle hat CEO Martin Lenz klar gesagt, dass man am Anfang mit Umsatzverlusten rechnet.
UND TROTZDEM: Gerade weil die Schweiz dem deutschen Versandhandel durchaus mehr ähnelt als Holland, ist das ein wichtiger Schritt. Meines Erachtens vor allem aus einem Grund: So kann das Unternehmen als Startup mit den gleichen Waffen (und hoffentlich auch Prozessen) kämpfen wie die ebenso agilen Wettbewerber. Es ist einfach notwendig, dass der Beweis innerhalb eines Unternehmens geführt wird, wie ein konkurrenzfähiges Versandunternehmen agieren muss, ohne ständig auf die langsameren Katalogrhythmen rücksicht zu nehmen.
Was auch heißt: Jetzt geht es für neckermann um die Wurst!
Kommentiert von: Martin | 26. Juni 08 um 11:09 Uhr