In dynamisch wachsenden Märkten ist Erfolg relativ. Selbst als Marktführer und mit Wachstumsraten von 50% und mehr kann man sich nie vollends sicher sein, ob man bloß der Einäugige unter den Blinden ist - oder ob man sein volles (Markt-)Potenzial auch wirklich schon ausschöpft.
Lange Zeit galt Asos als Benchmark für den Online-Modehandel in Europa - bis ein Vente-Privée sehr eindrucksvoll vorgeführt hat, was der Online-Modemarkt wirklich hergibt: dass die 366 Mio. Euro, die Asos im letzten Jahr umgesetzt hat, alles andere als überragend sind und nicht einmal die Hälfte der möglichen 781 Mio. Euro ausmachen, die ein Vente-Privée im letzten Jahr erzielen konnte:
Das Verkaufsmodell macht den Unterschied. Keine Branche bleibt online noch so sehr unter ihren Möglichkeiten wie die Modebranche. In keinem anderen E-Commerce-Segment ist der Innovationsdruck verkaufsseitig so augenscheinlich. Und nirgendwo sonst sind deshalb auch so radikale Veränderungen zu erwarten wie in der eFashion-Industrie.
Wir haben in letzter Zeit immer wieder darauf hingewiesen, wo die wahren Potenziale für Online-Mode liegen, welche strategischen Perspektiven sich auftun und wie alleine in Deutschland schon heute für neue Marktteilnehmer ein ungehobenes Potenzial von rund 2,3 Mrd. Euro besteht, Tendenz steigend.
Mindestens ein bis zwei Amazons haben im eFashion-Segment also heute schon Platz, ohne den bestehenden Modeanbietern ins Gehege zu kommen. Die Herausforderung für alle Newcomer ist das Geschäftsmodell. Bisher schafft es keiner der Etablierten, die Kunden zu binden geschweige denn die Herzen der weiblichen Kundschaft dauerhaft zu erobern.
Irgendwo zwischen Etsy, Polyvore und Vente-Privée können sich neue Player ansiedeln. Sie müssen sich nur von der traditionellen E-Commerce-Denke lösen und dürfen Mode nicht annähernd so bieder darreichen wie Asos & Co. Ob Modcloth, Garmz, Gemvara oder Shoedazzle schon die Lösung sind, darf bezweifelt werden. Zu schwach sind deren Verkaufsmodelle, um damit breitere Marktschichten zu erobern.
Verkaufspotenzial versprechen derzeit vor allem drei Dimensionen - das Spiel mit visuellen Reizen, der soziale Austausch und der aktive Verkauf (z.B. mittels Shoppingevents).
Aller Voraussicht nach werden in der Online-Mode auch Verkäuferpersönlichkeiten eine stärkere Rolle spielen. Noch fehlen uns online prägnante Typen wie ein Harald Glööckler, eine Coco Chanel, eine Martha Stewart, ein Karl Lagerfeld oder eine Anita Roddick, die Märkte öffnen, die Kundschaft emotional packen und der Online-Mode ein vertrauenswürdiges Gesicht geben könnten.
Frühere Beiträge zum Thema:
Content-Wrapped-Shopping...so wie es MrPorter macht, wünsche ich es mir von Asos & Co. Genug Möglichkeiten gibt es...
Kommentiert von: Timo Schulz | 12. Juli 11 um 12:12 Uhr