von Matthias Hell
Mit rund 50 Ausgaben zum Buch/Handel 2020 haben wir bei Exciting Commerce im zurückliegenden Jahr die Entwicklungen in der Buchbranche aufmerksam verfolgt – und damit eine gute Grundlage geschaffen für einen Überblick über die wichtigsten Trends des Jahres.
Aus unserer Sicht sind es vor allem 10 große Entwicklungslinien, die den Wandel im Publishing-Bereich 2013 prägten und auch 2014 richtungsweisend sein dürften:
1. Amazon gibt den Ton an: Ob es um die Goodreads-Übernahme, den Print/E-Book-Bundling-Service Kindle MatchBook oder den Ausbau der eigenen Verlagsaktivitäten geht – mit einer Vielzahl von Initiativen trieb Amazon 2013 den Publishing-Wandel voran. Dafür dass das auch 2014 so bleiben dürfte, sprechen nicht zuletzt die ambitionierten Plattform-Projekte, die Amazon u.a. mit dem Kindle-Ökosystem und im Bildungsbereich verfolgt.
2. Subskriptionsdienste werden immer attraktiver: Nachdem der Ruf nach einem „Netflix für Bücher“ lange Zeit noch recht realitätsfremd klang, sind 2013 im Windschatten von Oyster und Scribd eine Reihe von Buch-Streaming-Services gestartet, die sowohl vom Titelangebot wie auch von der Usability her in dem Bereich neue Maßstäbe setzten. Egal ob Amazon 2014 mit einem eigenen Subskriptionsdienst startet oder nicht, wird das Thema daher weiter die Buchbranche beschäftigen.
3. Discoverability wird zur Kernfrage: Angesichts der riesigen Menge im Netz verfügbarer Buchtitel, wird die Entdeckbarkeit der Inhalte und die Frage nach geeigneten Empfehlungsmechanismen zunehmend zur Schlüsselfrage. Das verdeutlichte neben der Übernahme der Buch-Community Goodreads durch Amazon die stetig zunehmende Menge an Discoverability-Diensten sowie mehrere Entwicklerwettbewerbe zu dem Thema. Exciting Commerce widmete der „Discoverability im E-Commerce“ zudem den ersten Band der K5 Topics.
4. Selfpublishing professionalisiert sich: Während 2013 zum einen ein Boom neuer Selfpublishing-Dienste zu beobachten war, setzte auf der anderen Seite eine Professionalisierung des Segments ein. Einzelne Anbieter bauten ihre Attraktivität für Autoren mit zusätzlichen Leistungen und flexiblen Bezahlungsmodellen aus, während gleichzeitig etablierte Verlage Selfpublishing-Ableger starteten, um Zugang zu neuen Talenten und Trends zu erhalten. Auf Autorenseite entspricht dieser Professionalisierung der Idealtyp des zwischen Selfpublishing und konventionellem Verlags alternierenden „hybriden Autors“.
5. Der Autor als Entrepreneur: Konfrontiert mit vom Publishing-Wandel überforderten Verlagen auf der einen Seite und einer Flut an Selfpublishing-Veröffentlichungen auf der anderen Seite, gehen immer mehr Autoren dazu über, sich aktiv in die Vermarktung ihrer Werke einzuschalten. Das einprägsamste Beispiel dafür war 2013 Bestseller-Autor Tim Ferriss, der u.a. auf BitTorrent als Marketing-Plattform setzte, aber auch die Autoren-Deklaration, mit der Elfriede Jelinek, Jan Peter Bremer, Marcus Braun und andere Eigeninitiative ergriffen.
6. Social Reading kommt in der Realität an: Lange war Social Reading mehr Schlagwort als eine für die Leser attraktive Praxis. Doch mit dem Erfolg der Lese-/Schreib-Plattform Wattpad, der browser-basierten Strategie von Sobooks und der Goodreads-Integration in den Kindle gibt es nun gleich mehrere Modelle, welche die soziale Interaktion direkt in den Leseprozess einbetten.
7. Cleveres Pricing als Erfolgsgeheimnis: Die Buchpreisbindung bringt es mit sich, dass Pricing-Fragen 2013 in den angelsächsischen Länder intensiver diskutiert wurden als in Deutschland. Doch setzt sich auch hierzulande die Ansicht durch, dass im Zusammenhang mit elektronischen Texten alternative Bezahlmodelle wie z.B. Pay-per-view, Abonnements und Bundles erhöhte Relevanz erhalten.
8. E-Strategien setzen sich durch: 2013 sickerten viele Vertriebsstrategien, die ursprünglich von E-Publishing-Startups entwickelt wurden, in den Massenmarkt durch: Etablierte Verlage publizierten neue Titel zuerst als E-Serials, experimentierten mit direkten Verkaufsstrategien oder boten vermehrt Print/Digital-Bundles an. Was man bei der Reaktion auf die E-Publishing-Trends vermisst, sind jedoch eigene Innovationen der Traditionsverlage.
9. Konsolidierung der Verlagswelt: Die Folge der fehlenden Wandelsfähigkeit der etablierten Verlage ist eine zunehmende Konsolidierung in der Branche. Als Beispiele gelten können der 2013 vollzogene Zusammenschluss von Penguin und Random House, vermehrte Übernahmen oder eine steigende Zahl von Verlagsinsolvenzen.
10. Die Krise der Buchketten verschärft sich: In den USA steht eine Rückbesinnung von Barnes & Noble auf das Kerngeschäft an, in Frankreich strichen Virgin Megastore sowie Chapitre die Segel und auch in Deutschland verschärfte sich 2013 die Krise der Buchketten: Weltbild präsentiert sich als Sanierungsfall, Thalia dürfte in Bälde verkauft werden und bei Hugendubel, Mayersche und Orell Füssli ist der Filialrückbau an der Tagesordnung. Den neuen Möglichkeiten im Netz haben die austauschbaren Buchkaufhäuser weiter nur wenig entgegenzusetzen.
Unter der Rubrik Buch/Handel 2020 bringen wir jede Woche das Spannendste zu den strukturellen Umbrüchen in der Buchbranche („Buchlos in die Zukunft“).
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